Mehrheit der Kroaten will im Moment nicht in EU
Das Gallup-Institut ist eines der führenden Markt- und Meinungsforschungs-institute in der Welt.
Es hat im Auftrag der EU, in den letzten Wochen in den Ländern des gesamten westlichen Balkans eine Meinungsumfrage durchgeführt und die Bürger u.a. danach gefragt, wie sie einer Mitgliedschaft in der EU gegenüberstehen.
Dabei ist es in Kroatien zu einem Ergebnis gekommen, welches in politischen Kreisen des Landes zu einer großen Verwunderung geführt hat. Bisher ist man nämlich davon ausgegangen, dass bei einem Referendum eine knappe Mehrheit der Abstimmungsberechtigten, für einen Beitritt abstimmen würde. Aufgrund des Gallupergebnisses sind im Moment nur noch 40 % der Abstimmungsberechtigten dafür. Das ist der niedrigste Stand, der jemals in Kroatien ermittelt wurde.
Die genauen Ergebnisse der Umfrage werden am kommenden Mittwoch in Brüssel vorgestellt. Vorab ist bekannt geworden, dass die Ablehnung in den Ländern des westlichen Balkans in Kroatien sehr viel höher ist, als in anderen Ländern. In Kosovo haben z.B. 87 % der Bürger für eine Mitgliedschaft votiert.
Aufgrund dieser Umfrage ist zusätzlich festgestellt worden, dass die Gegnerschaft einer Mitgliedschaft in der EU, in Slowenien und Kroatien am größten ist. Es folgen die Länder Großbritannien und Frankreich. Die größte Zustimmung findet sie in Deutschland, Österreich und Ungarn.
Staatspräsident Ivo Josipović hat auf diese Nachricht prompt reagiert und darauf hingewiesen, dass es die Aufgabe aller Personen an der Spitze des Staates die pro-europäisch sind, den Bürgern zu erklären, dass Kroatien ohne eine Mitgliedschaft in der EU keine guten Zukunftsaussichten hat. Er fügte hinzu, dass diejenigen die außerhalb der Gemeinschaft bleiben wollen wissen müssen, dass man dadurch kein wohlhabendes Land werden kann.
Dass die Zustimmung zur EU nachgelassen habe führte er auf den langen Beitrittsprozess zurück, der immer noch nicht abgeschlossen ist. Nach seiner Meinung führt die Länge der Verhandlungen zu einer gewissen Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Außerdem werde von vielen Bürgern befürchtet, dass sich in Zukunft ihre Situation im Hinblick auf die vielen europäischen Vorschriften, noch mehr verschlechtert.
Quelle: HRT
Anmerkung dazu:
Wie der weitere Beitrittsprozess von Kroatien zur EU genau ablaufen soll, ist Beobachtern nicht ganz klar. Die kroatische Regierung hat am 29.10.2010 beschlossen, dass innerhalb von 30 Tagen, erst nach Unterzeichnung des Vertrages, über die Vollmitgliedschaft Kroatiens zur EU ein Referendum stattfinden soll, mit dem die wahlberechtigte Bevölkerung darüber abstimmen kann, ob sie für oder gegen eine Mitgliedschaft ist.
Hinzu kommt eine allgemeine Stimmung in der Bevölkerung, der eine Politikverdrossenheit anzumerken ist, die wahrscheinlich zu dem oben genannten Ergebnis geführt hat. Der Trend bei den Meinungen lautet: Wir sind immer schon betrogen worden. Die dort “oben” machen sowieso was sie wollen, wir werden nicht gefragt und aus diesem Grund nehmen wir schon länger, nicht mehr an Parlaments und Kommunalwahlen teil.