Die März-Proklamation des Ban Jellačić von 1848

Kaiser Ferdinand I., Karl Leopold Joseph Franz Marcellin, genannt der Gütige, von 1835 bis 1848 Kaiser von Österreich und König von Böhmen und als Ferdinand V. seit 1830 König von Ungarn und Kroatien, hat mit Erlass vom 23.3.1848 den am 16.10.1801 in Petrovaradin geborenen Joseph Graf Jelačić von Bužim, zum Banus (Ban bzw.Statthalter) von Kroatien, Slawonien und Dalmatien ernannt.

Daraufhin hat dieser eine Proklamation bekannt gegeben, womit er seine Ernennung bekannt macht und worin er sein politisches Programm aufstellt.  Er stellte sie unter den Titel: “Der kroatischen und serbischen Nation im dreieinigen Königreiche Dalmatien, Kroatien und Slawonien herzlichen Gruß” und schreibt dann weiter:

“Seine Majestät unser allergnädigster König und Kaiser von Österreich geruhen in Übereinstimmung mit dem Willen der Nation mich zum Banus von Dalmatien, Kroatien und Slawonien, zum geheimen Rate, und zugleich zum kommandierenden Generale in der ganzen kroatischen Militärgrenze zu ernennen.

Innerhalb von 14 Tagen bin ich vom Grenzobristen zur erhobenen Würde eines Banus, Feldmarschall-Leutenants und Kommandieren Generals erhoben worden.

Wenn in dieser Auszeichnung meiner Person durch die Gnade des Königs einer der Wünsche unserer Nation erfüllt worden ist, so habe ich dieses einzig und allein jener besonderen Liebe und dem brüderlichen Vertrauen zuzuschreiben, welches diese ruhmvolle Nation in mich setzte.

Es wird meine Sorge sein, Vertrauen mit Vertrauen und durch die Tat zu erwidern.

Meine Gedanken, meine Gefühle und meine Grundsätze sind aufrichtig, deshalb enthülle ich dieselben ohne jeden Rückhalt. Die Wünsche, die die Nation kundgab und dem königlichen Throne unterbreitete, widerhallen auch in meinem Herzen. Das Wohl der Nation und des Vaterlandes: dies ist mein Wunsch und mein Hauptziel. Ich wünsche, dass unsere Nation eine kräftige und freie Nation werde, und dass dieselbe unter den Nationen seinen Ehrenplatz erringe, welcher ihr sowohl vermöge der Wichtigkeit ihrer geografischen Lage, als auch vermöge ihres kräftigen Geistes, und ihres historischen Geschicks gebührt.

Dies ist auch der Wille und Wunsch der Nation, und ich, als der vom Könige eingesetzte Chef derselben, will in allen meinen Gedanken und Werken der wahre Ausdruck des Willens und Gedankens sein. Derowegen gedenke ich einen solchen Weg zu betreten und zu wandeln, welcher unserer Nation dem Glück und Ruhm zuführen soll.

Die Revolution erschütterte und stürzte die alten Grundlagen des sozialen Lebens, der nationalen und staatlichen Beziehungen, namentlich aber unserer Beziehungen zu unserem alten Bundeslande Ungarn, deshalb ergibt sich für uns die Notwendigkeit, mit Rücksicht auf unseren uralten Verband mit der Krone Ungarns selbst, dahin zu wirken, dass unser Verhältnis zu derselben auf neue, dem Geiste der Freiheit, Selbstständigkeit und Gleichheit entsprechende, also einer freien und heldenmütigen Nation würdige Grundlagen basiert, bis dahin aber unsererseits jede Beziehung zu der gegenwärtigen neuen ungarischen Regierung abgebrochen werde.

Es gilt das große Werk der staatlichen Wiedergeburt der Nation zu vollführen, und zwar auf dem natürlichen und gesetzlichen Wege, d.h. auf dem unseres Landtages, auf welchem der Wille der gesamten Nation kundgegeben und vernommen werden wird. Es wird also eine meiner Hauptsorgen sein, dass der nationale Landtag je eher einberufen, und auf Grundlage nationaler Vertretung dergestalt zusammengesetzt werde, dass durch denselben, ohne Unterschied des Standes, der wahre nationale Wille der gesamten Nation sich kundgebe.

Unser nationaler Landtag wird das geeigneteste Feld für die Nation sein, die Kraft und Stärke ihres tüchtigen Gestes zu entfalten. Auf diesem Landtage sollen alle nationalen Wünsche und Beschwerden vorgebracht werden, sie mögen was immer für eine Gegend betreffen; Alles wird nach Möglichkeit und nach dem Willen der Nation seine Erfüllung und Abhilfe finden.

Ich bin von seiner Majestät unserem Könige aus zum Banus von Dalmatien ernannt worden: Ich hoffe daher mit Zuversicht von der Gerechtigkeit unseres Königs und von dem kräftigen Willen der Nation, dass diese meine Ernennung nicht beim bloßen Titel verbleiben werde. Das ruhmreiche Dalmatien war einst unser Bundesgenosse, und zwar nicht nur nach der Geschichte, sondern auch nach der geografischen Lage, nach dem Blute, nach der Brüderlichkeit und nach dem Titel, welche seit altersher bis auf den heutigen Tag die Bane Kroatiens führen.

Wir haben die große Aufgabe, die Wiedergeburt der Nation zu vollführen. Dieses große Werk jedoch werde ich zu vollführen nicht imstande sein, wenn mich die Nation -die eifrigen und einsichtigen Patrioten- mit ihrem aufrichtigen Rate, einträchtigen und vereinten Streben, und ihrer patriotischen Aufopferung nicht unterstützen, und wenn uns selbst, den Söhnen einer Mutter, Friede, Eintracht, Liebe und Brüderlichkeit mangeln werden! Es tut uns jetzt ein kräftiger Wille Not; ohne einem kräftigen Willen gibt es keine Eintracht.

Damit möge Eintracht und Brüderlichkeit unter uns herrschen, ohne Unterschied der Religion; der Bruder möge sich dem Bruder nicht entfremden: es hat ja jede Ursache des bisherigen Hasses und Zwistes zwischen den Brüdern eines Blutes aufgehört. Der Unterschied des Glaubens und der Kirche bildet im sozialen und staatlichen Leben zwischen den Brüdern und Gliedern einer Nation keine Scheidewand mehr: die Gleichheit ist ausgesprochen. Schutz und gleiche Wohltat seien daher im sozialen und staatlichen Leben jeden recht schaffenden Bewohner unseres dreieinigen Vaterlandes ohne Unterschied der Religion und des Standes gewährleistet,

Mein brüderlicher und herzlicher Gruß unserer ganzen Nation, der Geistlichkeit beider Kirchen, den Offizieren und den Beamten, und jedem einzelnen Bruder, der dieses gewahr wird, und dem das allgemeine Wohl der Nation am Herzen liegt. Desgleichen mein herzlicher Gruß allen Bewohnern und Patrioten in unserem dalmatinischen und kroatischen Küstenlande, so wie auch im freien Gebiete Fiume`s; meinen Brüdern in den tapferen Grenzregimentern der kroatisch-slawonischen Militärgrenze aber mein besonderer militärischer und brüderlicher Gruß; und endlich allen übrigen Bewohnern unseres Vaterlandes und den stammverwandten slavischen Nachbarbrüdern, auch außerhalb des dreieinigen Königreichs, Liebe und Gruß.

Gott erhalte unseren König und unsere Nationalität. Es lebe Eintracht, Freiheit und Brüderlichkeit unter uns!!
Josip Jallačić, Ban”

Quelle: Aktenstücke zur Geschichte des kroatisch/slawonischen Landtages von 1848.

Anmerkung: Noch heute wird Ban Jallačić als nationale Symbolfigur in Kroatien verehrt.

Ein Kommentar zu “Die März-Proklamation des Ban Jellačić von 1848”

  1. istra

    Der adelige Ban und Statthalter des Herrschers zu Wien schrieb reichlich wolkig von einer Nation, die es vorher nie gab und die auch nachher nie zu einer Nation geeint wurde, sieht man mal vom labilen sozialistischen Tito-Yugoslawien ab, was auch nicht hielt.
    Der österreichische Adel und erst Recht der Ungarische wurden auf dem Balkan gehasst.
    Die slawischen Stämme auf dem Balkan oder die Ungarn wollten nicht zusammengehen. Die religiösen Mächte waren komplett ablehnend und wirkten trennend.
    Der Kitt unter den Völkern, den der Ban so staatstragend beschreibt, bestand in Wahrheit aus einer Soldadeska, aus Gewalt, aus religiös eingeschüchterten Bevölkerungsteilen und einem Geflecht von existentiellen Abhängigkeiten, die gegenüber den heutigen Freiheiten weit unterlegen waren.
    Ich halte den Adelsstand rückblendend als denkbar ungeeignet, diesen Völkern eine Nation aufpfropfen zu können, und bestreite grundsätzlich, dass es ihnen um eine neue Nation ging.
    Der Adel bildete nur Promille der Bevölkerung, und wollte mit dieser Nationenbildung nur den eigenen Machterhalt sichern.
    Der Adel verstand sich als eine Art höhere Rasse, der ein Nichtadeliger höchstens das Wasser reichen durfte. Die Apardheit des Adels und der Faschismus des Adels gegen die von ihm beherrschten Völker machten ein gedeihliches Miteinander praktisch unmöglich. Das Ergebnis ist die Geschichte so wie sie ist, eine Kette des Kriegsführens und des Scheiterns und der heutige Zustand der Gesellschaften, in der der Adel nur noch eine Kabarettrolle einnimmt. Sie wurden zu den Hofnarren des Bürgertums, das sich über ihre Kapriolen amüsiert und sie in Wahrheit in den bunten Gazetten nur vorführt.

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