Der Lebensweg des Ante Gotovina
Am 15.4.2011 verurteilte das internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (ICTY) den ehemaligen kroatischen General Ante Gotovina zu einer Gefängnisstrafe von 24 Jahren.
Er ist am 12. Oktober 1955 in dem Ort Tkon auf der Insel Pašman als Sohn der Eheleute Ana und Milan Gotovina geboren worden. Sein erstes tragisches Lebenserlebnis hatte er als er drei und einhalb Jahre war und in der Nähe seines Elternhauses eine Mine explodierte. Dabei ist seine Mutter getötet worden. Danach ist sein Vater mit ihm und seinen Geschwistern Anica und Boris auf das Festland nach Pakoštane gezogen, wo sein Vater als Fischer tätig war. Er hat bald wieder geheiratet und aus dieser Ehe ist sein Halbbruder Branimir hervorgegangen. Als sein Vater (im Mai 2008 im Alter von 76 Jahren gestorben und in Pakoštan beigesetzt) den Beruf des Fischers aufgegeben und sich in Zagreb eine Arbeitsstelle besorgt hatte, kam er unter die Obhut der Schwester seiner Mutter, der Tante Marija Miocev und lebte weiter in Pakoštan.
Als Jugendlicher im Alter von 17 Jahren verließ er 1972 seinen Heimatort und Jugoslawien und heuerte auf einem Schiff an. Kurz danach landete in Fort St. Nicolas bei Marsaille, wo Fremdenlegionäre rekrutiert worden sind. Ohne Wissen seiner Angehörigen hat er sich dort als Rekrut gemeldet und wurde, obwohl er das Mindestalter noch nicht erreicht hatte, ohne Probleme angenommen. Er verpflichtete, sich bis 1981 bei ihr zu bleiben. Im April 1979 erhielt er die französische Staatsbürgerschaft.
Als Fremdenlegionär erhielt er eine andere Identität und war ab diesem Zeitpunkt Andrija Grabovac, der am 10.12.1953 geboren worden ist. Seine Identitätsnummer lautete 151408. In der Folgezeit erwies er sich als lehrreich und hat erfolgreich Spezialkurse als Fallschirmspringer und Taucher hinter sich gebracht. Nach seiner Ausbildung ist er an verschiedenen Stellen für die Franzosen in Afrika eingesetzt worden. Dabei wurde er im Tschad durch einen gezielten Schuss in den Kopf schwer verletzt.
Von dieser Verletzung erholte er sich wieder, wurde aber im Rang eines Unteroffiziers aus der Fremdenlegion entlassen. Danach ist er als Militärausbilder vom französischen Ministerium für Verteidigung angagiert worden und ist als Militärausbilder nach Mittel- und Südamerika entsandt worden. Ende 1983 überlebte er im Dschungel im Grenzgebiet von Guatemala und Honduras eine Tropenkrankheit und konnte mit Hilfe von Kokablättern wieder geheilt werden.
Mitte 1985 ist er nach Paris zurückgekehrt und ist 1986 im Alter von 31 Jahren wegen Raub, Erpressung und Entführung zu einer Gefängnisstrafe von 5 Jahren verurteilt worden, aus der er aber bereits nach einem Jahr wieder entlassen wurde. Sein damaliger französischer Rechtsanwalt hat nach Ende des Prozesses darauf hingewiesen, dass es sich um konstruierte Vorwürfe gehandelt hat, weil ihm von linksgerichteten Kreisen eine Nähe zu rechtsgerichteten Parteien nachgesagt wurde. Aufgrund dieses Urteils ist er später häufig als ein krimineller bezeichnet worden.
Ende der achtziger Jahre siedelte er wieder nach Südamerika um, wo er in Argentinien und Guatemala bei militärischen und paramilitärischen Stellen abermals als Instrukteur bei der Ausbildung von Militärangehörigen tätig war. Zu dieser Zeit lernte er in Kolumbien die Journalistin Ximena Dalel kennen, die er kurz darauf heiratete. Aus dieser Ehe, die nach kurzer Zeit wieder geschieden wurde, ist die Tochter Ximena hervorgegangen.
Nachdem sich Kroatien 1991 als selbstständiger Staat erklärt hatte verlies er Argentinien und ist, obwohl er keinerlei Kontakte zu seinem Heimatland hatte, mit Linienflugzeugen von Buenos Aires kommend, auf dem Flughafen in Zagreb eingetroffen. Ohne Verbindung mit seinen Angehörigen aufzunehmen, meldete er sich sofort bei der kroatischen Nationalgarde, bei der er sofort aufgenommen und in Westslawonien eingesetzt wurde. Dabei ist er im Gebiet von Novska leicht verwundet worden.
Bei Ausbruch des Krieges in Bosnien-Herzegowina wurde er 1992 in das Gebiet von Livno versetzt. Dort ist er zum Oberst ernannt worden, weil er dem damaligen General Janko Bobetko durch seine militärischen Kenntnisse aufgefallen ist.
Ende 1992 erhielt er den Befehl sich in der operativen Zone Split zu begeben und ist dort von dem Staatspräsidenten und Oberbefehlshaber der kroatischen Armee Franjo Tuđman zum General ernannt worden. In dieser Eigenschaft hat 1993 an der Operation Maslenica teilgenommen, die trotz militärischer Unterlegenheit erfolgreich beendet werden konnte. In dieser Zeit lernte er die Journalistin Vesna Karuza des staatlichen Fernsehsenders HRT kennen und im März 1994 wurde die gemeinsame Tochter Ana geboren.
Im ganzen Jahr 1994 war er von Split aus mit seinen Truppen bemüht das Hinterland dieser Gegend von Feinden zu befreien und dafür zu sorgen, dass der Verbindungsweg an der Küste freigehalten wurde, damit Split und seine Umgebung versorgt werden konnten. Dabei ist es im Velebit-Gebirge zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Truppen des serbischen Generals Ratko Mladić gekommen. Anfang 1995 ist er nach der Befreiung von Glamoč und Bosansko Grahovo an der Vorbereitung zur Befreiung der am 19.12.1991 ausgerufenen Republik Serbische Krajina beteiligt worden.
Zu dieser Zeit lernte er Dunja Zloić, die Mitarbeiterin des damaligen Verteidigungsministers Gojko Šušak kennen. Organisiert von Präsident Tuđman fand kurz vor der geplanten Aktion, die Vermählung auf der Adria-Insel Brioni statt und Šušak war einer der Trauzeugen. Aus dieser Ehe ist sein Sohn Ante geboren worden, sodass er zwei Töchter und einen Sohn hat.
Unter seiner Beteiligung fand am 31.7.1995 auf der gleichen Insel eine Konferenz der politischen und militärischen Führungselite Kroatiens, unter Leitung des Staatspräsidenten und Oberbefehlshabers der Armee Franjo Tuđman zur Vorbereitung einer Befreiungsaktion statt. Weitere Teilnehmer waren u.a. Davor Domazet-Lošo, Zvonimir Červenko, Miroslav Tuđman, Miljenko Crnjac, Gojko Šušak, Mirko Norac, Mladen Markač und Vladimir Zagorec.
Abgesehen davon, dass 18,4 Prozent des kroatischen Staatsgebietes 1991 abgespaltet war kam hinzu, dass die Verkehrswege aus Mittelkroatien in Richtung der dalmatinischen Adriaküste und ihren vorgelagerten Inseln erschwert waren. Die Eisenbahnstrecke von Zagreb nach Split und auch die Hauptverbindungstrasse von Zagreb nach Split (D 1) waren geschlossen und nicht mehr passierbar.
Bei der Konferenz meldete sich Gotovina mehrfach zu Wort und machte Vorschläge, wie die Offensive aus seiner Sicht durchzuführen ist. Darüber gibt es ein Protokoll, welches in der Zwischenzeit veröffentlicht wurde. Daraus ist zu erkennen, dass die alleinige Verantwortung von dem Staatspräsidenten und Oberbefehlshaber getragen wurde. Dieser verfügte, obwohl er früher einmal General der jugoslawischen Volksarmee gewesen war über wenig militärische Erfahrung, denn dieser Titel ist ihm zuerkannt worden, weil er als Historiker in der Militärakademie in Belgrad tätig war.
Dass eine Militäraktion unmittelbar bevorstand, war durch die Zusammenziehung von Reservisten aus ganz Kroatien allgemein bekannt. Nur der genaue Zeitpunkt ihres Beginns nicht. An ihrer Vorbereitung waren auch Militärberater aus den Vereinigten Staaten von Amerika beteiligt.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass große Teile der serbischen Einheiten dieses Gebiet vor Beginn dieser Offensive in Richtung Bosnien-Herzegowina verlassen hatten. Unter dem Vorwand eine Übung abzuhalten, ist ein erheblicher Teil der Zivilbevölkerung aufgefordert worden, dieses Gebiet in Richtung der überwiegend von Serben bewohnten Gebiete in Bosnien-Herzegowina zu verlassen.
Die eigentliche Großoffensive zur Befreiung der Region Krajina, in der sich zu diesem Zeitpunkt eine größere Zahl von Soldaten der UNPROFOR (sog. Blauhelme) zur Überwachung der vorher abgeschlossenen Waffenstillstände aufhielt, begann am 4.8.1995 und ist als Operation Oluja bezeichnet worden. Sie wurde durch Aufklärungsflüge ausländischer Streitkräfte unterstützt, die es ermöglichten, dass die Führung der kroatischen Bodentruppen ausgezeichnet informiert war. Ohne Einwilligung westlicher Staaten hätte sie, so wie sie geplant und durchgeführt wurde, gar nicht stattfinden können.
Gotovina war Befehlshaber der Operationszone Süd. Seine Truppen konnten die Hauptstadt Knin der selbst ernannten serbischen Republik Krajina, innerhalb von 30 Stunden nach Kampfbeginn befreien und auf der zu dieser Stadt gehörenden Burg konnte die kroatische Flagge gehisst werden. Innerhalb von 84 Stunden ist der den Hauptteil der 1991 entstandenen Republika Srpska Krajina erobert worden und die Kampfhandlungen sind am 7.8.1995, d.h. nach vier Tagen eingestellt worden.
Darüber, dass es bei ihnen auch Verstöße gegen international gültige Konventionen und dadurch zu Kriegsverbrechen gekommen ist, kann es keinen Zweifel geben. Dabei muss aber nach Meinung von Beobachtern berücksichtigt werden, dass die militärische Ausbildung der kroatischen Truppen als mangelhaft bezeichnet werden muss. Hinzu kam der Einfluss von Alkohol und sonstigen Rauschmitteln, sowie die Rachegelüste einzelner Soldaten (siehe hier).
Nach der erfolgreichen Eroberung von Knin ist Gotovina kurz vor Abschluss der Operation Oluja nach Bosnien-Herzegowina versetzt worden um mit seinen Truppen gemeinsam mit General Vahid Karavelić in den Operationen Maestral und Južni, die serbischen Verbände in diesem Land zu bekämpfen. Es ging darum, die Stadt Bihać zu befreien und Banja Luka einzunehmen. 23 km vor der Stadt ist diese Aktion gestoppt worden, weil die US-Amerikaner darum gebeten haben.
Nach Abschluss des Abkommens von Dayton, welches am 21.11.1995 vereinbart und am 14.12.1995 in Paris unterzeichnet wurde, endeten die Kriegshandlung in dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens.
Im März des Jahres 1996 wurde er von dem Oberbefehlshaber der kroatischen Armee und Staatspräsidenten Franjo Tudman, zum Generalinspekteur der Armee ernannt.
Durch die Resolution 827 des UNO-Sicherheitsrates vom 25.5.1993 ist der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) mit Sitz in Den Haag geschaffen worden. Er war und ist immer noch für die Verfolgung schwerer Verbrechen, die seit 1991 in den Jugoslawienkriegen begangen wurden zuständig, obwohl ihn der Sicherheitsrat am 28. August 2003 in der Resolution 1503 aufgefordert hat, bis 2010 sämtliche Verfahren abzuschließen.
Zur Chefanklägerin dieses Gerichtshofes ist 1998 die Schweizer Juristin und vorherige Bundesanwältin (1994–1998) Carla del Ponte (sie wurde ab 1.1.2008 durch den belgischen Juristen Serge Brammertz ersetzt) ernannt worden, die gleich nach Amtsantritt erste Ermittlungen gegen Gotovina aufgenommen und ihn zur Vernehmung nach Den Haag geladen hat. Dafür benötigte er als amtierender General eine Aussagegenehmigung, die ihm von der damaligen Regierung, unter ihrem Präsidenten Franjo Tuđman, nicht erteilt wurde.
Präsident Tuđman ist am 10.12.1999 in Zagreb gestorben und sein Nachfolger Stjepan Mesić, der gleichzeitig Oberbefehlshaber der kroatischen Streitkräfte war, hat Gotovina am 29.9.2000, gemeinsam mit sechs weiteren Generälen, aus ihren Ämtern entlassen, weil sie öffentlich eine politische Erklärung abgegeben hatten, in der sie die Politik der amtierenden Regierung unter Führung der SDP kritisiert hatten.
Am 21.5.2001 ist er von del Ponte erstmalig vor dem ICTY angeklagt worden, weil ihm Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen wurden, die Truppen unter seinem Kommando verübt haben sollen. Die Anklageschrift wurde später mehrfach geändert.
Anstatt sich dem Gericht zu stellen, hat es Gotovina vorgezogen, sich danach auf eine Flucht zu begeben. Deren Einzelheiten sind (noch) nicht öffentlich bekannt und darüber gibt es verschiedene Spekulationen. Häufig wurde in der Vergangenheit behauptet, dass ihm vonseiten der HDZ, der Partei des früheren Staatspräsidenten Franjo Tuđman, dazu geraten wurde und einzelne Vertreter von ihr ihm dabei behilflich waren.
Fest steht, dass er am 7.12.2005 während eines Abendessens in einem Hotel in dem Ferienort Playa de las Américas auf der zu Spanien gehörenden Insel Teneriffa von der spanischen Polizei verhaftet und in die Niederlande überstellt worden ist, wo er in Untersuchungshaft genommen wurde. Darüber wie es zu dieser Festnahme kommen konnte, sind auch verschiedene Versionen im Umlauf.
Nach mehr als 27 Monaten Untersuchungshaft begann am 10.3.2008 der Prozess vor dem ICTY gegen ihn, der jetzt am 15.4.2011 mit dem Urteilsspruch von 24 Jahren, durch den niederländischen Richter Alphons Orie beendet wurde. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig und es ist damit zu rechnen, dass es zu einer Berufungsverhandlung kommt. Diese ist allerdings nicht vor Ablauf von zwei Jahren zu erwarten.
Hier und hier kann man hören und sehen, wie eine Einsatzbesprechung in Knin stattfand.
Quelle: Verschiedene nationale- und internationale Medien.
am 18. April 2011 um 11:42 Uhr.
Leider nur eine sehr selektive Collage geworden. Beispiel:
“Mitte 1985 ist er nach Paris zurückgekehrt und ist 1986 im Alter von 31 Jahren wegen Raub, Erpressung und Entführung zu einer Gefängnisstrafe von 5 Jahren verurteilt worden, aus der er aber bereits nach einem Jahr wieder entlassen wurde. Sein damaliger französischer Rechtsanwalt hat nach Ende des Prozesses darauf hingewiesen, dass es sich um konstruierte Vorwürfe gehandelt hat, weil ihm von linksgerichteten Kreisen eine Nähe zu rechtsgerichteten Parteien nachgesagt wurde. Aufgrund dieses Urteils ist er später häufig als ein krimineller bezeichnet worden.”
Die Aussage eines Rechtsanwalt hat demnach mehr Wahrheitsgehalt als das Urteil eines Gerichts. Oder wieso wird das hier so impliziert? Von seinem Drogenring auf Sepurine bei Zadar ist in diesem zusammengeschusterten “Lebensweg” hingegen nichts zu finden.
Ja, seine kriminelle Laufbahn ist für das Haager Tribunal und das Urteil völlig irrelevant. Aber wieso wird hier so ein beschönigter Lebenslauf gepostet? Mangelndes journalistisches Handwerk? Oder gar Vorsatz? Es stünde dem Blog sehr gut wenn vom Autor gekennzeichnet würde wo eine eigene Meinung oder gar politische Haltung kundgetan wird, und wo einfach nur fremde Quellen zitiert werden. Ein Mischmasch wie oben ist höchst undurchsichtig und für die objektive Meinungsbildung unbrauchbar.
am 18. April 2011 um 15:12 Uhr.
Danke Soline für diesen Bericht.